Alternative Leistungsfeststellung in Mathematik

Im Fach Mathematik werden Leistungen oft in Form eines Kurztests oder einer Klassenarbeit erhoben. Ich bin da auch keine große Ausnahme. Ein Großteil der Leistungen erhebe ich genauso, da die Prüfungskultur darauf abzielt. Spätestens Corona zwingt einen, das zu hinterfragen. Momentan ist es beispielsweise schwierig, Kurztests (schriftliche Wiederholungsarbeiten) zu schreiben. Daher habe ich mir ein alternatives Format überlegt. Basis für dieses Format sind sogenannte Fermi-Aufgaben. Sie entstammen aus der alltäglichen Erfahrungswelt, wodurch sie jedermann zugänglich sind. Um eine Fermi-Aufgabe beantworten zu können, sind eigene Recherchen notwendig, da nur unzureichend Informationen vorhanden sind.

Dadurch sind eine Vielzahl an Lösungswege möglich, wodurch sich diese Aufgaben besonders für das Problemlösen bzw. Modellieren eigenen. Das Aufgabenformat wurde nach dem italienischen Physik-Nobelpreisträger Enrico Fermi benannt.

Ich habe diese alternative Leistungsfeststellung „Überzeug mich!“ genannt, da es im Wesentlichen darum geht, dass die Lernenden mich von ihren individuellen Lösungswegen überzeugen. Die Schülerinnen und Schüler konnten eine Aufgabe aus einem Aufgabenpool auswählen. Für die Bearbeitung hatten sie zwei Wochen Zeit. Die Bewertungskriterien wurden zu Beginn transparent gemacht. Es waren alle Hilfsmittel (Internet, Taschenrechner…) erlaubt. Ausdrücklich erwünscht war Feedback von Eltern, Mitschüler*innen oder von mir (was wesentlich weniger in Anspruch genommen haben, als ich gedacht habe). Hintergrund war, dass wenn meine Schülerinnen und Schüler es schaffen würden, beispielsweise ihre Eltern von ihrer Lösung zu überzeugen, dann würden  sie es auch bei mir schaffen.

Wichtig war auch die schriftliche Dokumentation des Vorgehens und der Lösung. Sie sollte so gestaltet sein, dass ich sie ohne Nachfragen nachvollziehen kann. Nach Ablauf der zwei Wochen wurde die Leistung bewertet. Wie wahrscheinlich jede Lehrkraft hatte ich zuerst bedenken, dass die Lösungswege zu ähnlich sind. Dies war überhaupt nicht der Fall. Von zum Teil enttäuschenden Ergebnissen, welche nicht nachvollziehbar waren, bis zu sehr guten Lösungen mit grandiosen Annahmen. So hat beispielsweise eine Schülerin bei einem örtlichen Bäcker angerufen und gefragt, wie viel Brötchen täglich gebacken werden, um dann abschätzen zu können, wie viele Brötchen insgesamt in ihrer Heimatstadt jeden Tag gebacken werden. Um die Lösungswege bewerten zu können, habe ich ein Raster erstellt, welches die Bewertungskriterien beinhalten, die ich den Schülerinnen und Schüler zu Beginn mitgeteilt habe.

Bewertungsraster

Interessant ist, dass das Notenspektrum dem eines Kurztest entsprochen hat. Der zeitliche Aufwand war meines Erachtens nicht größer, als wenn ich einen normalen Kurztest geschrieben hätte. Im Großen und Ganzen kann ich dieses Format nur empfehlen.

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